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Selbstbetrug und Partnerschaft in der Paartherapie und Eheberatung

Partnerschaft ist richtig betrachtet keine Gefahr sondern sogar ein wichtiger Motor für unsere Persönlichkeitsentwicklung.

Wer bin ich? Wer möchte ich sein?Das sind wohl zwei der zentralsten Fragen im Leben eines Menschen. Beziehungen aller Art, allen voran romantische Partnerschaften formen unser Bild von uns selbst. Umgekehrt ist es der sehnlichste Wunsch vieler Menschen eine Partnerschaft zu führen, die es ihnen ermöglicht sich selbst treu bleiben zu können. Den anderen nicht zu verdrehen und zu verbiegen und im gleichen Zuge man selbst bleiben zu können, das klingt sicherlich erstrebenswert. Warum berichten aber so viele Menschen auch in der Paartherapie und Eheberatung immer wieder davon, sich über viele Jahre Beziehung irgendwie selbst verloren zu haben? Warum stellen Menschen nach einer Beziehung oft fest, dass sie sich weit von der Person entfernt haben, die sie glauben oder glaubten zu sein?Ist Partnerschaft gar per se eine Gefahr für die eigene Identität?

Das Selbst und die Partnerschaft in der Paartherapie und Eheberatung


Beziehung bedeutet egal wie tolerant sie angelegt ist, immer auch etwas Unabhängigkeit abzugeben. Wir Menschen tun dies in der Regel freiwillig und gerne, da wir im Gegenzug Geborgenheit, Gesellschaft und Intimität erhalten. Sich auf einen anderen Menschen mit seiner eigenen Lebensgeschichte, seinen Vorstellungen, Erwartungen und Wünschen einzulassen, erfordert fast immer auch eine nicht unerhebliche Anpassungsleistung.
Aus meinen Erfahrungen in der Paartherapie und Eheberatung weiß ich, dass dies besonders Menschen schwerfällt, die über längere Zeiträume auf sich allein gestellt waren oder die auf Grund schlechter (Beziehungs-)Erfahrungen einen Partner instinktiv als Gefahr für ihre Unabhängigkeit und Identität betrachten und daher auf Distanz halten. Intimität ist dabei stets ungemein verlockend aber auch furchteinflößend zugleich. Während eine gute Partnerschaft uns hilft uns selbst zu entdecken, zu lernen und sogar über uns hinauszuwachsen, können schlechte Beziehungserfahrungen tiefe Narben zurücklassen.
Das Selbst, die eigenen Bedürfnisse zu schützen, ist daher grundsätzlich ein wertvoller Mechanismus. Aus Sicht der Paartherapie und Eheberatung kann dieser Schutz jedoch dann zum Problem werden, wenn er längst nicht mehr benötigt wird und der Situation nicht mehr angemessen ist.
Partnerschaft ist richtig betrachtet keine Gefahr sondern sogar ein wichtiger Motor für unsere Persönlichkeitsentwicklung. Wenn Menschen aber das Gefühl entwickeln, sich selbst in einer Beziehung untreu zu werden, hängt dies fast immer mit einer schlechten Beziehungsqualität und dysfunktionalen Verhaltensweisen zusammen.

Partner im Kreuzfeuer der Kritik in der Paartherapie und Eheberatung

Ich bin gut, du bist gut, wir sind gut. Wer mit dieser Grundhaltung durch eine Beziehung geht, der läuft kaum Gefahr sich oder den Partner zu verbiegen. Umgekehrt neigen viele Menschen – oft aus eigener Unsicherheit oder Unzufriedenheit – dazu, den Partner nach ihren Wünschen umzuformen. Getreu dem Motto „was nicht passt wird passend gemacht“ wird dann nicht selten so lange kritisiert und Druck ausgeübt, bis sich der andere in die gewünschte Richtung verändert. KlientInnen in der Paartherapie und Eheberatung schildern jedoch von dem paradoxen Resultat, dass in diesem Prozess häufig gegenseitig so viel Respekt verloren geht, dass sich der erwünschte Effekt niemals einstellt. Letztendlich steht die Frage im Raum, wie man selbst gegenüber seinem Partner Respekt empfinden kann, wenn dessen Person und Verhalten im Kreuzfeuer der eigenen Kritik stehen.
Nicht jeder Veränderungsversuch muss einen egoistischen oder manipulativen Charakter haben. In vielen Fällen ist der Partner überzeugt davon, dass die Anstöße zum beidseitigen Wohl passieren. Nachhaltige Veränderung kann zwar vom Partner angeregt werden, muss aber schließlich immer von der Person selbst getragen werden.

Wenn das Selbst einfach nicht gut genug ist – Paartherapie und Eheberatung

Umgekehrt tut sich die Frage auf, warum sich Menschen überhaupt von ihrem Partner lenken lassen, selbst wenn dies möglicherweise gar nicht ihren eigenen Vorstellungen und Bedürfnissen entspricht.
In der Paartherapie und Eheberatung stoße ich dabei immer wieder auf ähnliche Motive. Häufig steckt dahinter etwa die Angst vor Zurückweisung und Liebesentzug. Um das Wohlwollen und die Liebe des Partners nicht zu verlieren, sind Menschen zu oft erstaunlichen Verrenkungen bereit.
Ebenso mächtig sind Schuldgefühle. Den Wünschen und Vorstellungen des Partners nicht zu entsprechen löst ein derartig starkes Gefühl der Unzulänglichkeit aus, dass versucht wird dies wenn nur irgendwie möglich zu vermeiden, selbst wenn dies bedeutet sich dabei selbst zu verraten.
Auch eine mangelnde Konfliktfähigkeit gepaart mit einem starken Harmoniebedürfnis können dramatische Auswirkungen haben. Wer Auseinandersetzungen des Frieden willens ständig aus dem Weg zu gehen versucht, dem bleibt oft nur die Möglichkeit nachzugeben und sich den Vorstellungen des Partners zu fügen.
Paartherapie und Eheberatung kann ungemein wirksam sein, wenn es darum geht, diese Verhaltensmuster bewusst zu machen und positiv zu bearbeiten. In einem sicheren Rahmen haben die Partner die Möglichkeit, wieder Klarheit über ihre eigenen Bedürfnisse zu gewinnen. Indem das Selbstvertrauen gestärkt wird, wird eine respektvolle und gewaltfreie Kommunikation ermöglicht.
So erfahren Menschen Beziehung wieder als Chance und nicht als Risiko für das Selbst und die eigene Entwicklung.

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